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Auszug aus:
Felix Schützler
Digitale Videoschule
FRANZIS 2007


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O-Töne und Interviews drehen

Im Abschnitt "O-Töne und Interviews planen" (Seite 56) haben Sie bereits ein paar O-Töne ausgearbeitet. jetzt geht es darum, richtig zu fragen und richtig zu drehen.
O-Töne sind unverzichtbar - und leider nicht sehr einfach aufzunehmen. Am Anfang muss man sich um die Technik kümmern, auf die Bilder achten und soll dann auch noch seinem O-Tongeber zuhören. Ihr Hirn arbeitet am Limit und am Ende eines Drehtages brauchen Sie eine heiße Badewanne, um sich zu entspannen. Doch trösten Sie sich, es wird mit der Zeit einfacher. Wenn Sie die Technik blind bedienen können, fällt es leicht, dem Gegenüber zuzuhören und Fragen zu stellen. Es wird sogar spannend. Schließlich unterhalten Sie sich ja täglich mit Menschen.


Erster Teil:

 

So fragen Sie richtig

Wann fragen?
Es empfiehlt sich, die Leute situativ also in der Situation zu befragen. Man spricht dann auch vom situativen O- Ton, Solche Antworten wirken authentisch.
Doch es gibt Situationen, da können Sie die Leute nicht befragen. Ein Yogi bei der Tiefenentspannung ein Schachweltmeister beim letzten Zug oder das Brautpaar bei der Ringübergabe am Altar. Holen Sie sich dennoch hinterher einen O-Ton. Er wird vielleicht nicht so perfekt zur Situation passen, aber Sie können ihn im Schnitt noch brauchen.


Die Fragearten


In Ihren Fragen tauchen automatisch Stichwörter auf, die Ihr Interviewpartner intuitiv versteht. Wir können also das Gespräch so leiten, dass der O-Tongeber antwortet, wie wir das gern hätten. Zu Beginn scheint das kompliziert. Aber wenn man sich einige einfache Fragetechniken aneignet, funktioniert das nach ein wenig Übung in jedem Interview.
Soll Ihr Gegenüber ein bisschen mehr erzählen oder beschreiben? Dann stellen Sie ihm Fragen mit folgenden Stichwörtern:
Erzählen Sie mir mal, was auf der Hochzeitsparty am Abend los war.
Beschreiben Sie mir einmal das Kleid Ihrer Braut.
Erklären Sie: Wie sind Sie auf die Trauzeugen gekommen?
So erhalten Sie längere Antworten, die viel beschreiben. Leider können Sie nicht beeinflussen, wie detailliert (und damit wie lang) eine solche Antwort ausfällt. Verliert sich der O-Tongeber in Details, dann loben Sie ihn für seine ausführliche Antwort und fordern in auf, das noch in in 20 Sekunden zu erzählen.
Emotionale O-Töne bekommen Sie eher, wenn Sie den O- Ton-Geber dazu bringen, sich nochmals in bestimmte Situationen zu versetzen. Dafür werden oft folgende Stichwörter genutzt:
Was
dachten Sie, als Sie sie zum ersten Mal im Brautkleid gesehen haben?
Wie haben Sie sich
gefühlt, als Sie ihr den Antrag gemacht haben?
Sie haben als Brautvater beim Ringtausch geweint. Wenn Sie sich noch mal in die Situation
hineinversetzen - wie war das?
Solche Fragen provozieren eher gefühlsbetonte Antworten. Sie sind aus der Sicht der jeweiligen Person und machen das Geschehen nachvollziehbar für den Zuschauer.
Nachteil: Die Beschreibung muss nicht der Wirklichkeit entsprechen. Fragen Sie zum Beispiel einmal zwei streitende Kinder, wer angefangen hat. Beide werden Sie an den Anderen verweisen.
Mit den eben genannten Fragen können Sie die wichtigsten Antworten für Ihren Film erhalten.
Benötigen Sie noch konkrete Informationen, können Sie solche Fakten natürlich auch abfragen. Wem Sie diese nicht als O-Ton im Film verwenden, können Sie die Fakten später für den Text nutzen (siehe auch "Den Film kommentieren: die Vertonung"                  Seite 111).



Zweiter Teil

So drehen Sie einen O-Ton richtig

Die heutigen Videokameras besitzen meistens einen ausklappbaren Monitor.Dieser unterstützt uns ungemein beim Drehen von O-Tönen. Wie es genau funktioniert, lernen Sie in der folgenden Übung.
Übung
Für diese Übung brauchen Sie wieder Ihren Partner, aber natürlich funktioniert diese Übung auch mit einer anderen Person. Bitten Sie die Person vor die Kamera. Sie werden sie jetzt interviewen.


1. Stellen Sie sich etwa einen Meter vor den O- Tongeber. Achten Sie darauf, dass sie nicht vor einem Fenster steht und Sie deshalb gegen das Licht drehen müssen.


2. Nehmen Sie die Kamera in die Hand und halten Sie sie auf Augenhöhe des O-Ton-Partners


3. Am besten sagen Sie Ihrem Gegenüber, dass er mit Ihnen sprechen soll und die Kamera vergessen kann. Zur Kontrolle schauen Sie jetzt rechts in den Kontrollmonitor. Besitzt die Kamera keinen Monitor, müssen Sie sie ungefähr so halten, dass die Person im Bild ist.
In der anderen Hand haben Sie das Mikrofon. Man hält es so zum Interviewpartner, als wäre es eine Eistüte an der er schlecken soll. Der Schall wird nämlich am besten abgenommen, wenn er oben bei den Mikros auftrifft, nicht von der Seite. Besitzen Sie ein Richtmikrofon, dann befestigen Sie es oben auf der Kamera. So bleibt die linke Hand frei und kann die Kamera unterstützen. Haben Sie mir das eingebaute Mikrofon zur Verfügung, gehen Sie nah an Ihren Interviewpartner heran. Stellen Sie den Zoom so ein,dass Sie möglichst viel sehen. Ihr Interviewpartner erscheint jetzt in "amerikanischer" Einstellungsgrösse.
Wie soll der O-Tongeber im Bild erscheinen? Eher rechts oder eher Links? Das kommt darauf an. Meist liegen die Klappmonitore an der linken Kameraseite. Sie schauen also links an der Kamera vorbei wenn Sie das Bild im Monitor betrachten. Ihr Interviewpartner wird in dieser Situation von sich aus gesehen rechts an der Kamera leicht vorbeisehen, um Ihnen in die Augen zu schauen. Dieser Winkel ist optimal für O-Töne.
Schaut der O-Ton-Geber direkt in die Kamera, stört das den Zuschauer, die Anrede wäre zu direkt. Sie sollten das nur machen, wenn Sie wissen, was Sie damit erreichen wollen. Bei der Hochzeit könnten die Gäste ihre Grüße an das Paar direkt in die Kamera sagen, weil sie das Paar ansprechen wollen. Normalerweise schauen aber nur Nachrichtensprecher und Live-Reporter direkt in die Kamera.


4. Bei dieser Übung schaut der O-Ton-Geber aber automatisch rechts an der Kamera vorbei weil er Sie ansehen möchte, wenn er mit ihnen spricht. Richten Sie das Bild so ein, dass der O-Ton-Geber eher rechts im Bild zu sehen ist und nach links spricht. Stehen Sie umgekehrt auf der anderen Seite der Kamera, also rechts davon, setzen Sie den O-Ton-Geber eher links im Bild ein und er würde nach rechts reden. Diese Bildeinstellungen entsprechen am ehesten unseren Sehgewohnheiten.


5. Stellen Sie Ihrem Gegenüber einige Fragen, Was hat er gefrühstückt, was wird er heute noch so machen? Denken Sie sich etwas aus. Die Person soll ein wenig erzählen. Konzentrieren Sie sich auf die Kamera, aber auch auf die Fragen. Das ist zu Beginn schwierig, läuft aber mit etwas Übung immer besser. Irgendwann haben Sie die Technik so im Griff, dass Sie sich auf die Fragen konzentrieren können.

Was tun, wenn es laut ist?


Idealerweise ist die Umgebung während eines Interviews still. So können Sie das Gespräch ohne Nebengeräusche aufzeichnen. Doch was tun, wenn man jemanden auf einer Party befragen möchte? Neben einer Lautsprecherbox kann es sehr laut sein. In solchen Fällen wechseln Sie zum dynamischen Handmikrofon (mehr dazu unter "Was benötigen Sie noch? Die Zusatzausrüstung").
Ein Richtmikrofon (Superniere) können Sie noch verwenden, wenn es mäßig laut ist. Grundsatzlich gilt: Je lauter, desto näher muss das Mikrofon an den Mund des Sprechers. In schwierigen Situationen sollte man einen Kopfhörer aufsetzen um zu kontrollieren, wie gut der Ton ausfällt. Wird es zu laut oder haben Sie kein passendes Mikrofon dabei, verlagern Sie das Interview an einen anderen Ort.


 

Auszug aus:
Felix Schützler

Digitale Videoschule
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